Kurz vor dem chinesischen Neujahr fangen sie an, die Weiya - die Jahresendparties der verschiedenen Firmen. Ein enorm wichtiger Termin für die Angestellten. Nach einem Jahr krampfen endlich mal was zu Futtern und natürlich der mit Spannung erwartete Lucky Draw, die Losziehung für die grossen Preise. Bei uns in der Firma haben wir einen Welfare Fund, der von Geldern der Arbeitnehmer aber zum grösseren Teil durch den Arbeitgeber finanziert wird. Ein Welfare Committee, zusammengestellt aus freiwillig agierenden Arbeitnehmern, wacht über die Verwendung der Mittel. Normalerweise sind dies der jährliche Ausflug, Geschenke zum Neujahr und im Sommer zum Drachenbootfestival und eben die Organisation der Weiya.
Eine erste Hürde zu diesem Anlass hatte ich mit der Sitzordnung "meines Tisches" zu bewältigen. Da ich weniger direkte Angestellte als Plätze hatte, ging es darum, die freien Stühle zu besetzen (wobei ich mir noch nicht so sicher bin, dass die Angestellten wirklich Freude daran haben, am "Cheftisch" zu sitzen, aber anyway). Erfolgreich geschafft, konnte ich dem Abend eigentlich in aller Ruhe entgegen sehen, wir wurden nur vorgewarnt, dass das Management eine Art Tanzeinlage hinlegen müsse. Das hat mich nicht wirklich beeindruckt, wenn es um Karaoke gegangen wäre, hätte ich wohl irgendeine ominöse Krankheit vortäuschen müssen.
Zur Unterhaltung der Gäste haben sich ein paar Kartenlegerinnen eingefunden. Das ist dann nicht etwa ein Gaudi, sondern die Schlangen an jungen Damen, die sich ihr Glück in den zahlreichen Lebensbereichen vorhersagen lassen wollten, war riesig. Daneben gab es Fotoapparate (ja genau ähnlich der Dinger, in die man sich als Teenager im Bahnhof reingequetscht hat und Grimassen schnitt) in die sich nun die Erwachsenen reinquetschten und Grimassen schnitten. Nach den ersten Gläsern Rotwein (war kein Qualitätstropfen; ist es aber nie, weil es bei diesen Parties eher um die Menge als um die Qualität geht....) ist dies dann doch ganz witzig. Bei ein paar Dartscheiben konnte man bei entsprechend hoher Punktzahl einen Preis gewinnen, klar dass ich da beim ersten Versuch gleich mächtig abgeräumt habe. Bluffen inklusive, braucht ja niemand zu glauben, dass dies reines Glück war. Danach ging die Show los. Drei junge Männer in irgendwelchen leuchtenden Starwarskostümen haben sich tänzelnd durchs Publikum bewegt und da kamen wir dann zu unserem Einsatz mit ein paar Leuchtschwertern rumwedelnd, schön mit Maske und Perücken. Dann ist die Moderatorin des Abends zum ersten Mal aufgetreten und bis es zwei Stunden später zu Ende ging, hat sie fast ohne Unterbruch gequasselt, Luft holen war nicht. Das kurze Röckchen muss ich wohl nicht extra erwähnen, oder? Das nächste "Highlight" war dann ein taiwanesischer Salsatänzer, der seine besten Zeiten wohl vor fünfzig Jahren gehabt hat. Die beiden Girls mit den, genau, kurzen Röckchen haben seine Dackelfrisur und das zerknitterte Gesicht etwas wett gemacht. Ich habe mir sagen lassen, der Typ sei dieses Jahr der Renner, aber mehr weil die jungen Leute ihn lustig finden als dass seine agilen Salsaschritte Begeisterungsstürme auslösen würden.
Der nächste Programmpunkt war das Geigenorchester der eingeborenen Kinder. Freiwilligenarbeit ist in den Firmen gross geschrieben, und im 2010 lief eine Spendenaktion, damit diese Kinder eigene Geigen bekommen konnten. Die haben sie dann selber mit Motiven der Eingeborenen verziert. Ein paar falsche Töne hie und da taten dem tosenden Applaus keinen Abbruch.
Der Rest ist dann relativ kurz erzählt: Lucky Draw Nr. 1, Ehrung der Dienstjubilaren, Lucky Draw Nr. 2, Wahl von Partyking und Partyqueen, Wettbewerb Nr. 1 (Singen und Tanzen), Ehrung der Organisatoren, Lucky Draw Nr. 3, Wettbewerb Nr. 2 (wer schafft es schneller ein Spiderman, Superman oder sonst toller Man Kostüm anzuziehen), Tanzeinlage der Leuchtmännchen (man erinnere sich: Starwars), Wettbewerb Nr. 3 (wer kann am schnellsten drei Bierbüchsen mit einem Strohhalm austrinken), kurze Rockmusikeinlage von drei Girls - natürlich im Minirock, Lucky Draw Nr. 4 - und weil das gleichzeitig der grösste und letzte Preis war, sind nachher alle aufgestanden und nach Hause gegangen. So läuft das. Während all den Vorstellungen auf der Bühne wird gleichzeitig gegessen und möglichst viel getrunken (sogar den Rotwein direkt aus der Flasche, deshalb eben nur Fusel), von Tisch zu Tisch gegangen und ein gutes neues Jahr gewünscht, geredet und gelacht (dem Geschehen auf der Bühne schenken nur die vordersten Tische ihre Aufmerksamkeit) und nach etwa zwei Stunden ist das ganze dann zu Ende.
An dieses abrupte Aufbrechen musste ich mich erst gewöhnen. Bei unseren Festen geht es nach dem Essen meist erst richtig los, wenn man gemütlich beisammen sitzen bleibt. Das gibt es hier nicht. Den letzten Bissen und den Mund geschoben, aufgestanden und nach Hause gegangen. Ist ja auch nicht so schlecht, dann kommt man mal wieder früh in die Heia :-)
Gewöhnungsbedürftig, etwas eigenartig, aber landestypisch. Auf das nächste Mal, im Januar 2012. Falls aus irgendwelchen Quellen noch bildliche Beweisstücke auftauchen sollten, werde ich die selbstverständlich nachliefern.
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